Identitätsfindung

Fragen & Antworten

Gibt es Probleme, wenn Mensch merkt, dass er „anders“ ist?

Jeder Mensch ist in seiner Weise anders und besonders zugleich. Wenn Menschen anders lieben, als die Norm und nicht in die heterosexuelle Welt passen, werden sie direkt als anders angesehen. Doch so „anders“ sind sie nicht, denn die Fähigkeit das gleiche Geschlecht zu lieben, oder auch die Fähigkeit einen Menschen unabhängig von dessen Geschlecht zu lieben, ist nur eine Fähigkeit von vielen.

Dennoch kann es zu Problemen kommen, wenn man als „anders“ wahrgenommen wird. Diese können jedoch nur individuell beantwortet werden, da es sich z.B. um persönliche Diskriminierungserfahrungen aufgrund der eigenen L(i)ebensweise, oder auch Angst vor der Reaktion des sozialen Umfelds, vor und nach dem Coming-out, handeln kann.


Wie findet man am besten heraus, ob man hetero- oder homosexuell oder bisexuell ist?

Probiere es aus und verlasse dich auf dein Bauchgefühl. Nur du selbst kannst entscheiden, ob hetero-, homo-, bisexuell oder andere sexuelle Orientierungen dich gut beschreiben oder eventuell gar nicht zu dir passen. Wenn es sich gut anfühlt, dass andere Geschlecht zu küssen, du dich in dieses verlieben kannst, bist du vielleicht hetero. Wenn du dir aber auch gedanklich vorstellen könntest, einen Menschen des gleichen Geschlechtes zu küssen oder zusammen zu sein, bist du vielleicht bisexuell. Wichtig ist immer, es muss sich für dich gut anfühlen!


Muss man sich ausprobieren, um herauszufinden, welche Sexualität man hat?

Häufig hat ein Mensch ja ein inneres Bauchgefühl. Ähnlich zu den Schmetterlingen im Bauch wenn man verliebt ist. Welche Sexualität man hat, findet man am ehesten durch probieren heraus. Dabei muss jeder selbst entscheiden, in welchem Ausmaß. Durch dieses Ausprobieren lernt man sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse und Vorlieben kennen. Wichtig ist, dass es sich persönlich gut anfühlt.


Wo findet man Personen aus der LGBTQ-Community?

Personen aus der LGBTQ+-Community findet man überall. Früher mussten sich Personen aus der LGBTQ+ Community geheime Zeichen ausmachen, um sich gegenseitig zu erkennen, heute kann man sie manchmal immer noch an bestimmten Merkmalen erkennen, z.B. weil sie prideflags an sich tragen.
Eine Übersicht zu den unterschiedlichen prideflags findest du hier https://queer-lexikon.net/pride-flags/.
Wenn du mit gleichgesinnten Personen der LGBTQ+ Community in Kontakt treten willst, kannst du aber auch einfach zu Treffen in queeren Vereinen (different people e.V., RosaLinde e.V., Gerede e.V.) kommen oder im Internet passende Anlaufstellen suchen.

Wie kann man herausfinden welche Sexualität man hat?

Wenn du dir unsicher bist welche Sexualität du hast, kannst du Unterschiedliches ausprobieren. Du kannst z.B. darüber nachdenken, für wen du in der Vergangenheit romantische oder sexuelle Empfindungen hattest. Du kannst dir aber auch vorstellen wie es sich für dich anfühlen würde, mit einer Person eines bestimmten Geschlechts intim zu werden. Wenn sich für dich die Möglichkeit ergibt und du dich damit wohl fühlst, kannst du aber auch intimen Kontakt mit unterschiedlichen Personen suchen, um herauszufinden wen und was du magst.Grundsätzlich gilt: Werde nie mit einer Person intim, wenn du dich damit nicht wohl fühlst. Für viele Menschen ist das Erkunden der eigenen Sexualität ein langwieriger, wenn nicht sogar lebenslanger Prozess.


Ist man auch asexuell, wenn man manchmal keine Lust auf Sex hat (aber selten?)

Ja und nein! Das Label – also die Selbstbezeichnung – „asexuell“ wird als Spektrum verstanden, es umfasst also sehr viele Menschen, welche das Gefühl haben, dass ihr sexuelles Verlangen nicht so häufig auftritt, wie das von ihren Mitmenschen. Das können Personen sein, die nur Sex haben, wenn eine sehr intime Bindung zu ihrer Partnerperson besteht (demisexuell) oder aber auch  solche, die grundsätzlich kein Interesse an Sex haben. Die allermeisten Menschen haben aber ebenfalls Phasen in denen sie keine Lust auf Sex haben, ohne sich als asexuell zu beschreiben. Ob man das Verlangen nach sexuellen Kontakt hat, hängt oft von vielen unterschiedlichen Faktoren zusammen: geht es mir gerade gut? Passt die Umgebung für mich? Mag ich die Person, die mir gegenübersitzt?
Wichtig ist aber:  Nur wenn alle Beteiligten in diesem Moment Lust auf Sex haben, sollten sie auch welchen haben. Lass dich nie zu Sex überreden, wenn du dich gerade nicht danach fühlst. Dabei ist auch egal, ob ihr bereits schon angefangen habt Sex zu haben oder nicht.


Was mach ich wenn ich (weiblich) mich in ältere Frauen verliebe?

Wir haben keinen Einfluss darauf, in wen wir uns verlieben. Jedoch haben wir einen Einfluss darauf, wie wir damit umgehen. Bist du unter 18 Jahre, gibt es klare rechtliche Grundlagen, ob und in welcher Weise ihr intim miteinander werden dürft. Bist du über 18 Jahre, kannst du dir überlegen, ob du mit der Person über deine Gefühle reden möchtest oder nicht. Dann könnt ihr gemeinsam überlegen, wie ihr weiter miteinander umgehen wollt. Bei allen Beziehungen, besonders jedoch bei Beziehungen mit großen Altersunterschieden, sollte man sich gut überlegen, ob einer der Partnerpersonen auch eine Machtposition einnehmen kann.


Ein „Label“ (z.B. Schwul, Lesbisch, Bi, Pan usw.) soll dem Menschen dienen, nicht der Mensch dem „Label“. Benutzen kannst du also die „Label“, mit denen du dich wohl fühlst. Der Sinn von „Labels“ ist ja auch, dass Menschen eine gemeinsame Sprache haben, mit der sie sich über ihre Gefühle und Erfahrungen mit Geschlecht und Sexualität austauschen können. Einige Menschen die wissen, dass sie Teil der LGBTQ+ Community sind, aber die kein genaueres „Label“ benutzen möchten, verwenden den Begriff „queer“ für sich. Dies ist u.a. ein Oberbegriff für all jene Personen, die Teil der LGBTQ+ Community sind.


Asexualität wird als Spektrum verstanden, indem Menschen wenig(er) bis gar keine Lust auf Sex empfinden. Manche verlieben sich aber in andere Menschen und haben eine romantische Beziehung. Jeder Mensch hat unterschiedliche (sexuelle) Bedürfnisse und Vorlieben. Asexuell zu sein, sucht Mensch sich also nicht aus. Ob und wieviel Lust du auf Sex hast, ist dir überlassen und du solltest dich nicht an den Erwartungen im Familien- und Bekanntenkreis anpassen. Und vor allem, lass dich nie zum Sex überreden, wenn du keine Lust hast. Du bist vollkommen ok so wie du bist!

Weiteres bei der Frage unter Identitätsfindung: „Ist man auch asexuell, wenn man manchmal keine Lust auf Sex hat (aber selten?)“


Wenn ein*e Schüler*in das Gespräch verwehrt, zwinge sie nicht dazu. Du kannst ihr nur das Gespräch anbieten, z.B. Infomaterial zum Thema auslegen, einen Workshop in der Schule planen etc. „Offensichtlich Hilfe benötigen“ heißt nicht, dass die Person derzeit dafür bereit ist oder sich mit dem Thema an eine bekannte Person wenden möchte. Sich an Lehrkräfte oder Schulsozialarbeit zu wenden, also an Personen, die einen länger begleiten, kann auch eine Hürde sein, egal wie gut mensch es meint.


Geschlecht ist keine starre Kategorie, sondern sehr fließend und kann sich unterschiedlich äußern. So kannst du dich beispielsweise als Frau identifizieren, aber dein Geschlechtsausdruck kann gelegentlich „männlich“ sein. Da wir weiterhin mit den beiden Kategorien „männlich und „weiblich“ leben, ist es oftmals schwer zu beschreiben, wenn man sich beispielsweise dazwischen oder völlig außerhalb dieser beiden Kategorien fühlt.

Eventuell könnte dir der Begriff „genderfluid“ oder der Begriff „agender“ weiterhelfen. Als genderfluid können sich Menschen bezeichnen, bei denen sich die Geschlechtsidentität über einen Zeitraum oder auf bestimmte Situationen bezogen ändert. Das Geschlecht kann zwischen allen möglichen Geschlechtern wechseln, z. B. von männlich zu weiblich. Als agender können sich Menschen bezeichnen, die kein Geschlecht haben, sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen oder mit dem Konzept von Geschlecht nichts anfangen können. Wichtig bei den Begriffen oder auch „Labeln“ zu sagen ist, dass du dich zu keinem Begriff zuordnen musst. Menschen sind so vielfältig, demnach sind auch ihr Geschlecht und auch ihr geschlechtlicher Ausdruck vielfältig.


Niemand muss sich verlieben! Und vor allem können auch nicht alle Menschen sich verlieben, beispielsweise aromantische Personen haben nicht die Fähigkeit, sich in andere Menschen zu verlieben. Auch das Alter sollte hier keine Rolle spielen, manche Personen verlieben sich schon sehr früh (z.B. mit 12 Jahren und andere erst sehr spät (z.B. mit 35 Jahren). Wichtig hierbei ist, dass man es sich absolut nicht aussuchen kann, in wen man sich und wann man sich verliebt. Also mach dir keinen Druck und lass das „Verliebtsein“ auf dich zukommen :).